Um "scharfe" Bilder (unabhängig vom Motiv) zu erhalten, musst Du fokussieren, auch wenn viele das nicht, oder nur selten von Hand tun, sondern das mittlerweile meist der Automatik überlassen. Trotzdem sollten wir uns ein paar kleine Gedanken über das Fokussieren machen.

Das Problem beim Fokussieren bereiten die Objektive selbst. 
entfernungsskalaSie haben einen gewissen „Verstellweg“ um zu fokussieren, für das Fokussieren von Hand meist weniger als eine „Umdrehung“ am Fokusring. Und auf diesen recht begrenzten Platz muss für die Entfernungen zwischen der Nahgrenze und der unendlich Einstellung alles irgendwie reinpassen. Das gilt (besonders) für moderne Autofokus-Objektive. Es wird immer mehr Wert auf einen super-mega-schnellen AF gelegt, wie uns die Objektivtests der Zeitschriften immer wieder beweisen. Dieses ist neben einem schnellen Motor, nur mit einem kurzen Fokussierweg zu erreichen. Wenn der Weg sehr lang ist, wird der schnellste Motor ausgebremst.

Anmerkung: Die Unendlich-Einstellung am Objektiv ist als das 300-fache der Brennweite definiert. Auf diesen Punkt fokussiert, wird dahinter alles scharf abgebildet! Für ein Weitwinkel ist aufgrund dieser Definition dieser Punkt wesentlich näher am Objektiv, als bei einem Tele.
Beispiel: 300-fache Brennweite eines 28mm Objektiv = 8,4m; bei 200mm = 60m.

entfernungsskala2Für das exakte Fokussieren, egal ob von Hand oder mit Autofokus, ist es ein ganz erheblicher Unterschied, ob auf dieser Drehung am Fokusring 8m aufgetragen sind, oder aber 60 oder noch mehr Meter. 
Du hast eine relativ ungenaue Skala und eine relativ ungenaue Verstellung am Objektiv um auf eine Mattscheibe zu fokussieren.
Außerdem liegen nun auf der Mattscheibe, je nach eingestellter Blende, eine ganze Menge an definitionsgemäß zulässigen Zerstreuungskreisen. Und diese stammen nicht nur von Deinem Motivanteil in der exakten Schärfeebene, sondern auch noch aus dem (sehr großen) Bereich davor und dahinter.
Zudem ist der Winkel der einfallenden Strahlen sehr flach, daher ist der genaue Schnittpunkt der Strahlen schlecht erkennbar, das exakte Fokussieren  wird erschwert. Du kannst also auf weite Entfernungen schlecht auf der Mattscheibe selbst fokussieren und auch nicht exakt über die Entfernungseinstellung am Objektiv. Gleiches gilt selbstverständlich für den Autofokus. Starkes Abblenden (über die Abblendtaste) zur Beurteilung der Schärfentiefe bei Arbeitsblende macht das Sucherbild dunkel und erschwert das genau Fokussieren zusätzlich, irgendwann muss dann auch der Autofokus aufgeben. Er stellt dann entweder direkt falsch ein, oder versucht durch mehrmaliges durchfahren des Fokusbereichs eine scharfe Bildeinstellung zu Erreichen. Der Autofokus braucht für seine Arbeit klar abgegrenzte Bereiche im Motiv, am besten senkrechte oder waagerechte klare Kanten. Hat er dieses nicht, dauert das Einstellen entweder lange oder ist nicht möglich.

Was bei der Betrachtung der Schärfentiefe in Bezug auf die Blende eben noch ein Vorteil war, wird für uns hier zum Nachteil! Die zunehmende Entfernung und der immer kleiner werdende Einfallswinkel, der bei der Betrachtung eines einzelnen Punktes an der Blende noch eine Zunahme der Schärfentiefe bewirkt hat bewirken in ihrer Gesamtheit betrachtet einen Schärfeverlust über das ganze Bild. Bei vielen verschiedenen zu betrachtenden Bildpunkten landen immer mehr Lichtstrahlen übereinander und verwischen. Wir haben auf der gleichen Stelle des Films viele, für sich alleine betrachtet, zulässige Zerstreuungskreise. Ihre Menge ist jedoch so groß, das die Schärfe aufgrund von Überlagerungen insgesamt abnimmt. Ein Gemälde wird schließlich auch nicht deutlicher, nur weil du versucht noch mehr Farbe auf einen Punkt zu bringen.

Soviel vorerst zum Einfluss der Blende und der Brennweite, die wir ja vorhin erst von der Liste unserer Verdächtigen zugunsten des Abbildungsmaßstabes gestrichen haben.
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