Das Stativ – die Qual der Wahl

Das ich hier keine Marken oder Typen favorisieren und bewerben möchte, dürfte klar sein. Allerdings kann man auch ohne dieses zu tun ein paar kleine Tipps zur Auswahl des „passenden“ Stativs geben.

Erste Anhaltspunkte zur Auswahl eines Stativs bietet natürlich die geplante Verwendung. Dabei taucht auch meist sofort das erste Problem bei der Auswahl eines Stativs im Bildfeld auf - nämlich das Gewicht. Und dieses auch noch in zweierlei Hinsicht!

Stativ tragenDa ist zum einen das Gewicht und die Abmessung der Kamera mit allen vorhandenen Objektiven und solchen, die vielleicht noch kommen sollen.  
Arbeitest Du mit einer Kompakt- / oder Bridgekamera, mit einer (D)SLR oder einer Fachkamera, in welchem Format fotografierst Du?
Machst Du eher Innenaufnahmen und arbeitest daher mit kurzen (leichten) Weitwinkelobjektiven und vielleicht noch einem Blitz oder wird es dann doch eher „Wildlife“-Fotografie mit schwerem Gehäuse, Batteriegriff/Booster und den ganz langen Brennweiten und dazu noch einen Zweifach-Konverter.

Da kann mit allem Zubehör schon einiges an Gewicht auf das Stativ einwirken. Gute Hersteller geben die Belastbarkeit in kg für Ihre Stative und auch für die Stativköpfe an. Gute Verkäufer sollten danach fragen und auch entsprechend beraten können.
Meist bedeutet jedoch eine höhere Tragkraft und Stabilität auch eine nicht unerhebliche Zunahme des Gewichtes von Stativ und Stativkopf. Du musst Dir dann die Frage stellen, ob Du bereit und in der Lage bist mehr zu tragen, oder ob Du Dir ein geringeres Gewicht durch hochwertigere Materialien, wie etwa ein Karbonstativ, erkaufst.

Direkten Einfluss auf das Gewicht hat natürlich auch die Größe des Stativs. Ist es groß genug für Deinen Arbeitsstil bzw. Deine Kamera? Wenn Du ausschließlich mit einer Kamera mit Lichtschacht arbeitest, also von oben in die Kamera hinein siehst, muss das Stativ nicht ganz so hoch sein, wie bei einer Kamera bei der Du von hinten hinein blickst.
Wenn Du allerdings sehr groß bist, ist häufig das Problem, dass das Stativ für Dich nur dann eine bequeme Arbeitshöhe erreicht, wenn Du die Mittelsäule ausfährst.
Das die Benutzung einer weit ausgefahrenen Mittelsäule in Bezug auf die Stabilität nicht  so geschickt ist, haben wir ja bereits erwähnt. Aber wenn es nicht anders geht, so achte wenigstens darauf, dass die Mittelsäule ordentlich stabil erscheint und die Verstellung/ Befestigung sicher möglich ist.

Bei der Verstellung der Mittelsäule gibt es zwei System, die Zahnstange, welche mit einer Kurbel bewegt wird und die einfache Mittelsäule, die mit einem Hebel oder einer Schraube gelöst und wieder befestigt wird.

Mamiya auf StativWenn Du in Deiner Nähe ein gutes Foto-Fachgeschäft hast, nimm am besten Deine schwerste und längste Kamera-Objektivkombination mit und bitte darum diese auf den verschiedenen angebotenen Stativen ausprobieren zu dürfen. Nicht  alles, was der Hersteller für das Gewicht als ausreichend ansieht, wirst auch Du möglicherweise so bezeichnen. Außerdem kann Du dann direkt testen, ob die Bedingung mit diesem Gewicht noch für Dich in Ordnung ist.
Wenn Du sowieso nur in unmittelbarer Nähe des Autos oder öffentlicher Verkehrsmittel fotografierst, ist das Gewicht der Ausrüstung wahrscheinlich gar kein sooo großes Problem.

Für denjenigen, der mit dem Rucksack durch die Wildnis laufen will, ist wahrscheinlich jedes Gramm von Bedeutung, vor allem wenn es dieses über mehrere Tage oder unter extremen Bedingungen tun will.

Schau Dir auch genau die Befestigungen und Hebel oder Griffe an; macht alles einen stabilen Eindruck? Wie werden die Beine des Stativs verstellt, erscheint das stabil ausgeführt und kann man die Mechanik dafür nachstellen, wenn mal etwas ausgeleiert ist? Halten die Befestigungen sicher, oder rutschen die Beinabschnitte ineinander? Sind die Hebel gut zu betätigen? Sind sie lang genug um sie auch mal mit Handschuhen zu bedienen, dabei jedoch noch so kurz, dass man nicht ständig daran hängen bleibt? Sind sie leichtgängig genug um auch bei Kälte ohne schmerzende Hände geöffnet zu werden jedoch so fest, dass sie nicht von selbst aufgehen? Sehen sie aus, als ob sie bei der dritten Benutzung abbrechen? 
Stativ auf niedrigster StellungKann man die  Stativbeine in verschiedenen Winkeln anstellen, wie viele verschiedene Einstellungen sind möglich, ist das für Dich ausreichend, oder brauchst Du das überhaupt nicht? Wie lässt sich diese Verstellung bedienen, Anja zum Beispiel, mag dies an meinem Stativ überhaupt nicht.

Und wahrscheinlich die wichtigste Frage: Kannst Du Dir vorstellen mit diesem Stativ häufig zu arbeiten?

Auch die Farbe des Stativs kann von Bedeutung sein. Ein spiegelndes, glänzendes Stativ ist für die Fotopirsch auf Wildtiere wohl weniger gut, hier ist schwarz sicherlich besser geeignet. Allerdings wird ein schwarzes Stativ in der prallen Sonne schon mal widerlich heiß und lässt sich dann schlecht (er)tragen. In einem solchen Fall können Schaumstoffüberzüge an wenigstens zwei Stativbeinen hilfreich sein. Diese kannst Du, falls das Stativ diese nicht serienmäßig hat, nachrüsten. Anstelle der meist ziemlich teuren Originalüberzüge kannst Du auch preisgünstig Isolationsüberzüge für Heizungsrohre verwenden, die es in unterschiedlichen Dicken und Ausstattungen im Baumarkt als Meterstücke gibt. Mit Klebeband umwickelt halten diese recht lange und man kann sie bei der Preisersparnis auch mal erneuern, wenn es denn nötig wird.
Diese Bezüge haben zudem den Vorteil, dass sie die Stativbeine vor Beschädigungen schützen. Was aber noch wichtiger ist, sie schützen Deine Hände im Winter vor der Kälte, wenn Du die Stativbeine anfasst.
Bei Minus 12 Grad, wird Alu an den Handflächen ganz schön unangenehm. Das habe ich im letzten Winter selbst, mal wieder, feststellen dürfen. Beim Aufbauen des Stativs noch Handschuhe angehabt, jedoch beim Ausrichten der Kamera (ohne Handschuhe) gemerkt, dass das Stativ im Boden leicht eingesunken war und deshalb das Bein etwas verstellen wollen. Natürlich war es das Bein ohne Schutzbezug, mein Stativ hat nämlich nur zwei davon. Im nächsten Winter sind mit Sicherheit drei Beine meines Stativs ummantelt!

AE1 seitlich vom Stativ versetzt auf der MittelsaeuleEs gibt viele Stativ-Systeme mit zusätzlichen, mehr oder weniger nützlichen Funktionen. Mittelsäulen, die man seitlich versetzen oder nach unten drehen kann um z.B. dicht über dem Boden Makroaufnahmen machen zu können. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, bei meinem Stativ, muss man dazu die Mittelsäule auseinander schrauben, bei Anjas Stativ braucht man nur einen Verschluss zu öffnen und kann die Säule verschieben.

Mein Vorschlag, verschaff Dir im Internet einen Überblick, wähle mehrere Systeme aus und such Dir dann einen Fachhändler in Deiner Nähe, der möglichst viele davon vorrätig und zum ansehen hat. Ein guter Händler sollte nichts dagegen haben, wenn Du dazu auch mal Deine eigene  Ausrüstung mitbringst um sie zu montieren und auf dem Stativ zu testen. Das musst Du sicherlich nicht mit einer kleinen Kompakten machen, aber sicherlich nicht jeder Laden hat eine (D)SLR mit 600mm Festbrennweite, Konverter, Booster... vorrätig um sie mal eben auf das Stativ zu stellen, von MF- oder gar einer GF-Kamera mal ganz zu schweigen.

Der Stativkopf ist natürlich ein weiterer, wichtiger Punkt bei der Stativauswahl. Die meisten teureren Stative haben auswechselbare Köpfe. Es gibt so viele verschiedene Variationen und Arten, dass sich jeder dass was er braucht zusammenstellen kann und so das Stativ an seinen Geschmack oder Einsatzzweck anpassen kann. Es ist unter anderem Geschmackssache, aber auch eine Frage des fotografischen Themenbereichs welchen man bearbeiten will, ob man einen Zwei- oder Dreiwegeneiger, Kugel- oder Panoramakopf.....bevorzugt.

Eine andere Überlegung gilt der Kamerabefestigung. Die meisten besseren Stativköpfe verfügen über Wechselsysteme mit verschiedenartig ausgeformten Platten.
Mamiya 645 mit BalgengerätWenn Du also mehrere Stative / Stativköpfe im Einsatz hast, solltest Du darauf achten, dass diese die gleichen Wechselplatten verwenden. Außerdem stellen diese Platten durchaus einen ernst zunehmenden Kostenfaktor dar.
Sofern Du mehrere Kameras oder öfters Balgengeräte, Makroschlitten, Objektivbrücken oder sonstige Geräte verwendest, die direkt auf dem Stativkopf befestigt werden müssen, machen mehrere Platten Sinn. Sonst musst Du bei jedem Wechsel der benutzten Ausrüstung die Platte abschrauben und austauschen (kann bei einem Wechselsystem nicht der Sinn der Sache sein).
Manche Wechselplatten werden auch preisgünstig von Drittanbietern angeboten, wobei man allerdings u.U. die Passgenauigkeit und Stabilität genau unter die Lupe nehmen muss. Es kann sonst passieren, dass die Kamera sich von der Befestigungsschraube löst oder aber die eingesetzte Platte aus der Halterung fällt. Und selbst wenn die Kamera nicht herunterfällt, so ist eine Kamera die sich dauernd auf der Wechselplatte verdreht auf die Dauer ein echtes Ärgernis.
Schaue Dir das Halte-System genau an, wie ist es aufgebaut, wie wird die Platte gehalten? Erscheint Dir dieses fest und sicher? Das ist vor allem dann spannend, wenn Du, so wie ich das gerne tue, die Kamera bei kurzen Wegen auf dem Stativ lässt, die Beine des Stativ ausgefahren lässt und diese nur zusammenlegst, um das ganze Gerät dann über die Schulter zu legen und zu tragen. Blöd, wenn dann die Platte rausrutscht....
Etwas worauf Du ebenfalls achten solltest, ist die Verriegelung des Wechselplattensystems. Die meisten Systeme haben eine zusätzliche Verriegelung, die ein unabsichtliches Lösen der Platte verhindern sollen. Verriegelt dieses zuverlässig und lässt es sich dabei auch gut wieder lösen? Ist es wirklich eine zusätzliche Sicherheit, oder geht es u.U. durch eine unachtsame Bewegung, z.B. beim Einstellen des Kopfes zusammen mit dem „normalen“ Lösemechanismus auf? An meinem Stativ, ist das Verriegelungssystem zwar recht sicher, aber der Hebel dermaßen klein, das man diesen mit Handschuhen nicht öffnen kann. 

Das wäre vorerst mal alles, was mir so auf Anhieb einfällt. Falls mir noch etwas einfällt, werde ich es anfügen. Ich nehme auch gerne weitere Anregungen entgegen!

Aber man muss ein gutes Stativ nicht immer kaufen, man kann es auch selbst bauen.
ludens.cl/photo/tripod/tripod.html

Und hier kommen wir zu möglichem Zubehör für Stative. Dazu kann ich allerdings keine eigenen Erfahrungen wiedergeben, denn bisher habe ich die angesprochenen Teile nicht.

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